Bewertung: 1.5 / 5
Ist über irgendwelche Filme in den letzten Jahren mehr geschrieben worden als über die Star Wars Prequels? Wer sucht, findet problemlos endlose Essays und stundenlange Videoanalysen in denen die Trilogie entweder verrissen oder verteidigt wird. Lohnt es sich da überhaupt noch, eine Kritik zu schreiben? Ich denke schon, denn was auch immer man von den Filmen halten mag, sie liefern unzweifelhaft endloses Material für Analysen – jeder kann seinen eigenen Weg finden, sie auseinanderzunehmen oder positive Aspekte zu finden. Und gerade Episode 1...naja, wie Obi-Wan es so schön sagt: „I have a bad feeling about this".
Fangen wir mal positiv an: anders als bei Episode 7 kann man nicht den Vorwurf erheben, dass der Film einfach nur die Klassiker kopiert. Er steht definitiv auf eigenen Füßen, sowohl im Stil als auch im Inhalt unterscheidet er sich deutlich von seinen Vorgängern. Während die Original-Trilogie von Anfang an einen verzweifelten Überlebenskampf gegen einen übermächtigen Gegner zeigte und sich visuell mit Sand, Rost und dreckigen Bars eher bodenständig präsentierte, beginnt Episode 1 mit einem scheinbar simplen Handelskonflikt in einer sonst friedlichen Galaxie. Der Dreh- und Angelpunkt der Geschichte ist praktisch das Gegenteil der Wüste aus Episode 4, ein Planet voller Wiesen, Wälder und Wasser. Der Film wagt offensichtlich etwas neues, und am Anfang funktioniert das auch: die Eröffnung mit einem jungen Obi-Wan und seinem weisen Meister Qui-Gon auf einer Raumstation ist wahrscheinlich sein Höhepunkt, da sie Interesse an der Welt weckt. Was ist die Handelsföderation? Wer ist der Mann im Schatten dahinter? Was ist der große Plan hinter der Invasion? Dann landen unsere Helden auf dem erwähnten grünen Planeten und man stellt sich schnell nur noch eine Frage: was in aller Welt ist hier schief gelaufen?
Trailer zu Star Wars: Episode I - Die dunkle Bedrohung
Jar Jar Binks hat kurz nach der Ladung seinen ersten Auftritt und er ist quasi die Manifestation des größten Problems das Films: er ist geradezu absurd inkohärent. Nachdem wir mit politischer Intrige angefangen haben springen wir plötzlich zu einem Charakter der aus einer drittklassigen Kinderserie zu stammen scheint und nur für Zuschauer geeignet ist, die mit Politik noch nichts anfangen können. Nach dem Treffen mit der Königin wird der Film plötzlich wieder Bierernst, nur um danach Anakin Skywalker einzuführen, der ebenfalls nur für Kinder erträglich ist. Das wird dann gefolgt von mehr Politik und einem Finale, in dem alles komplett kollidiert: Jar Jar macht schlechten Slapstick, die Königin wagt die direkte Konfrontation mit der Föderation, Anakin darf den Kinderfilmhelden spielen und die Jedis kämpfen gegen den bösen Sith-Lord. Es ist auffällig, wie wenig diese Szenen zueinander passen und abgesehen vom Jedi-Duell, das zumindest sehr schick aussieht und mit exzellenter Musik unterlegt ist, wirkt kein Teil hier aufregend, da der Film herzlich wenig getan hat um die Charaktere irgendwie interessant zu machen.
Gehen wir zu diesen noch ein bisschen ins Detail: Über Jar Jar ist schon alles gesagt worden, Obi-Wan ist einfach nur langweilig und Qui-Gon, der die Macht zum Betrügen beim Glücksspiel einsetzt, belegt dass der Jedi-Orden im Zerfall begriffen ist, aber irgendwie glaube ich nicht dass dies die Intention der Filmemacher war. Die Handelsföderation und ihre Anführer sind frustrierend unterentwickelt. Episode 4 brauchte nur eine Szene um Darth Vader und das Imperium als ikonische Bösewichte zu etablieren, Episode 1 schafft es in seiner gesamten Laufzeit nicht, Nute Gunray und seine Kohorten auch nur annähernd bedrohlich aussehen zu lassen. Wäre kein Problem, wenn die eigentlichen Strippenzieher Interesse wecken würden, aber Darth Maul ist praktisch nur durch sein Make-Up definiert und Darth Sidious lediglich für ein paar Minuten zu sehen, in denen er sich nicht wirklich etablieren kann. Die Darsteller mühen sich redlich, aber wie Harrison Ford beim Dreh des ersten Films so schön sagte: „George! You can type this shit, but you sure cant say it!” - und das gilt bei den gestelzten, platt gefilmten Dialogen hier erst recht.
Man bekommt den Eindruck, dass hier in erster Linie versucht wurde, Star Wars von Grund auf zu erneuern und das Universum zu erweitern: die vormals so simple Welt sollte größer und komplexer werden, mit mehr Politik, mehr Pathos und mehr Twists. Der Film nimmt den „Opera“-Teil von Space Opera sehr ernst und versucht alle Aspekte weitschweifender als zuvor zu machen. Darth Vader / Anakin ist nicht mehr nur der von der dunklen Seite verführte Handlanger des Imperiums, er ist quasi Jesus (inklusive unbefleckter Empfängnis) und außerdem Kernstück einer Prophezeiung. Statt gut gegen böse bekommen wir eine ganze Reihe von Faktionen präsentiert, die alle ihr eigenes Ziel verfolgen. Jeder Establishing Shot ist größer und weiter als der vorhergehende, schon rein visuell wird klar gemacht, dass man tiefer als zuvor in den Mythos eintauchen will.
Was es umso seltsamer macht, dass der Film sich ständig selbst im Weg steht. Man kann entweder ein detailliertes Epos über intergalaktische Politik machen, oder einen Kinderfilm der sich explizit an Sechsjährige richtet, aber nicht beides auf einmal. Doch genau das ist Episode 1: ein Film über politische Grabenkämpfe der regelmäßig anhält damit ein quäkender Froschmann rumalbern kann. War dies ursprünglich ein erwachsener, komplexer Film der verwässert wurde, weil man Angst hatte er würde dem jüngeren Publikum zu kompliziert sein? War dies ein reiner Kinderfilm, dem krampfhaft erwachsene Elemente angedichtet wurden, damit ältere Zuschauer nicht das Interesse verlieren? Wenn hier zwei deutlich unterschiedliche Drehbücher zu einem zusammengeschrieben wurden, würde mich das nicht überraschen.
Ich könnte hier noch über die schlecht gealterten Effekte und diverse Ungereimtheiten im Plot schreiben, aber das sind ultimativ Kleinigkeiten gegenüber den echten Problemen des Films. Wäre er ein Padawan und ich sein Meister, würde ich beim beurteilen seiner Prüfung traurig lächeln und „Naja, immerhin hast du‘s versucht“ sagen. Durchgefallen wäre er trotzdem.