
Bewertung: 5 / 5
Ihr mögt Gangster Squad und denkt: "Aber muss es denn immer Mafia sein?"? Ihr mögt Drive und denkt: "Muss es immer so ein einsamer schräger Vogel sein?"? Ihr mögt The Hateful 8 und Quentin Tarantino und denkt: "Muss es eine einsame Hütte im Schnee und Tarantino sein?"? Ihr mögt Identität und denkt: "Musste der Clou unbedingt sein?"? Ihr mögt Chris Hemsworth als Thor und denkt: "Muss er als mächtiger Gott bunt und witzig sein?"?
Dann werdet ihr an Bad Times at the El Royale eure finstere Freude haben, denn der hat all das, nur ohne "Aber"!
Trailer zu Bad Times at the El Royale
Bad Times at the El Royale Kritik
Die Schickeria-Zeiten im Zwei-Staaten-Hotel "El Royale" nahe des Lake Tahoe sind im Jahr 1969 lange vorbei. Und so gibt es - wenn sie denn gereinigt wurden - freie Zimmerwahl für die fraglos dubiosen Gestalten, die hier an einem schicksalhaften Abend aufeinandertreffen. Jeder von ihnen verfolgt eigene finstere Pläne oder verbirgt dunkle Geheimnisse, doch recht bald kollidieren diese Pläne und Ambitionen miteinander und es droht eine Menge Ärger. Dezent ausgedrückt...
Was Marvels Daredevil-Serienschöpfer Drew Goddard mit Bad Times at the El Royale abliefert, ist genau das, worauf nicht nur jeder Noir-Thrillerfan schon lange gewartet hat. Ein perfider, clever gestrickter Film, der mal ohne Mafia, ohne typische Gangster-Klischees, und ohne eine führende Leitfigur auskommt. Die Basis der Story ist simpel und nichts Neues: Die Geschichten diverser Gäste in Hotelzimmern verknüpfen sich zu einer gemeinsamen Geschichte. Doch was aus dieser simplen Basis erwächst, ist mehr als nur eine Hommage an alle guten Vorläufer dieses Genres, es ist etwas Frisches, Neues, und dabei spannend, aufregend, und immer wieder aufs Neue überraschend - und im Ganzen rund in jeder Sekunde der 143 Minuten Filmlänge.
Goddard, der neben der Regie auch das Drehbuch geschrieben hat, kennt sich mit psychischen und horriblen Abgründen aus, sicher ist dies auch seiner Zeit bei Lost zu verdanken. Bereits mit The Cabin in the Woods lieferte er im Horrorbereich etwas Frisches, Neues und Cleveres ab, dies gelingt ihm nun auch im Thrillerbereich. Er schafft es, Bösewichte menschlich und zugleich abgrundtief böse darzustellen, verstehbar mit ihrem Hintergrund, und doch so abscheulich und brutal, dass man nur erschrecken kann.
Bad Times at the El Royale ist ein horribler Albtraum ohne Wenn und Aber, ein purer Thrillergenuss, auch dank der wunderbaren Bildästhetik, die ihren Reiz natürlich auch der Spielzeit im Jahr 1969 verdankt. Abgerundet durch die hervorragend gewählte Musik, die gleich mehrfach einen wichtigen Stellenwert im Film einnimmt, und einen top besetzten Cast, der jedem Charakter auf einzigartige Weise Leben einhaucht, weiß man hier wirklich nicht, was man bloß kritisieren soll. Selbst der Humor kommt bei all den Abgründen nicht zu kurz, der böse, bissig, schwarz und absurd in einem ist.
Den tollen Hauptcast von Bad Times at the El Royale stemmen neben Hemsworth (der recht spät seinen famosen und auf gewisse Weise auch wieder göttlichen Auftritt bekommt) noch Jeff Bridges, Jon Hamm, Cailee Spaeny, Dakota Johnson, Cynthia Erivo und Lewis Pullman (The Strangers - Opfernacht). Wir wollen euch gar nicht verraten, welche Rollen sie genau spielen und wen auch noch Nick Offerman charakterisiert - lernt ihre spannenden Charaktere einfach selbst kennen. Die Trailer deuten schon so einiges an und halten wahrlich, was sie versprechen. Hier kann man es tatsächlich mal sagen. Das Wort "Meisterwerk" nehmen wir ungern in den Mund, aber so mancher von euch wird Goddards Werk nach Filmsichtung so bezeichnen.
Bad Times at the El Royale ist ein abgrundtief böser und doch auch heldenhafter Thriller, der das moralische Empfinden der Zuschauer immer wieder auf den Kopf stellt. Knisternde Spannung mit massig Wendungen, die nicht mit Blut und Tod sparen, tollen Charakteren und rundum großartiger Inszenierung. Ein Film voller archetypischer, historischer und biblischer Themen. Gut oder böse, Recht oder Unrecht, stark oder schwach, schwarz oder weiß - nichts davon ist klar abgrenzbar. Die Antwort auf ein Entweder-Oder bleibt immer gleich: Das passende Filmzitat "Weder noch". Auch wenn jede Figur hier ihre Chance auf Erlösung bekommt, verraten wir natürlich nicht, ob sie auch jemand von ihnen ergreift. Sicher ist: Es kommt immer anders als ihr denkt! Klarer Geheimtipp, unbedingt angucken!
