Es war der 16. Oktober 1923, als in Los Angeles einer der wichtigsten Verträge in der Geschichte von Hollywood unterzeichnet wurde. Die Brüder Walt und Roy O. Disney gründeten an diesem Tag das Unternehmen Disney Brothers Cartoon Studio. Das Startkapital betrug 500 Dollar. Es hatte wohl niemand eine Ahnung davon, welch bedeutender Grundstein an diesem Tag gelegt wurde.
100 Jahre später heißt dieses Studio schlicht Disney und hat über Jahrzehnte hinweg Weltgeschichte geschrieben. Nahezu jedes Kind, und jeder, der einmal ein Kind war, kennt den Namen und die Produkte, die aus diesem Unternehmen hervorgegangen sind. Am 16. Oktober 2023 feiert man das ganz große Jubiläum.
"Disney100" Special Look (dt.)
In den ersten Jahren war das Unternehmen noch vergleichsweise winzig, mit einem kleinen Büro für 35 Dollar Miete im Monat. Walt Disney selbst übernahm viele der Arbeiten selbst. Man hatte einen Vertrag mit dem Verleih M.J. Winkler, für den man mehrere Kurzfilme für je 1500 Dollar produzierte. 1927 gab der Verleih die Kreation einer neuen Zeichentrickfigur in Auftrag, die im Zentrum kommender Filme stehen sollte. Zusammen mit seinem Geschäftspartner Ub Iwerks entwickelte Walt Disney die Figur Oswald der lustige Hase. Bei Vertragsverhandlungen mit dem Verleih kam es jedoch zum Bruch und da der Verleih die Rechte an Oswald besaß, durfte Disney im Folgenden die Figur nicht mehr selbst benutzen.
Mittlerweile ist der lustige Hase aber wieder nach Hause zurückgekehrt. Nach mehr als 90 Jahren produzierte Disney passend zum großen Jubiläum in diesem Jahr erstmals wieder einen neuen Kurzfilm mit Oswald:
Der Verlust der eigenen Kreation sollte Walt Disney jedoch nicht aufhalten. Was folgen sollte war wohl die größte und wichtigste Kreation seines Lebens.
Die Geburt einer Maus
Ein Jahr später, im Jahr 1928, entwickelte Walt Disney, erneut zusammen mit Ub Iwerks, die Zeichentrickfigur Micky Maus. Da man genügend Rücklagen besaß, konnte man ohne einen Vertragspartner produzieren. Man fand zudem einen neuen Verleih, der, anders als M.J. Winkler zuvor, nicht auf die Übertragung der Rechte bestand.
Als erster Kurzfilm wurde Plane Crazy produziert, der als Stummfilm am 15. Mai 1928 bei einem Test-Screening Premiere hatte. Es war das erste Mal, dass die Welt auf Micky Maus traf:
Manch einer könnte sich wundern, gilt doch gemeinhin der berühmte Kurzfilm Steamboat Willie als erster Auftritt von Micky Maus. Dies stimmt im Grunde auch, weil dieser, bereits als Tonfilm, der erste war, der am 18. November 1928 landesweit veröffentlicht wurde. Plane Crazy wurde nach dem Test-Screening erst im Jahr darauf, überarbeitet zum Tonfilm, landesweit veröffentlicht.
Gerade als Tonfilm erfreuten sich die Disney-Cartoons großer Beliebtheit. 1929 wurde der Name der Firma in Walt Disney Productions umbenannt. Zu dieser Zeit hatte das Studio 40 Angestellte. 1932 wurde im Studio zudem eine Zeichentrickschule eingerichtet. Der Erfolg sowie die Einnahmen wuchsen und 1935 waren es dann schon 750 Angestellte. Im selben Jahr begannen dann auch die Arbeiten zum ersten abendfüllenden Zeichentrickfilm.
Schneewittchen und die sieben Zwerge feierte am 21. Dezember 1937 Premiere. Trotz mancher Skepsis im Vorfeld erwies der Film sich als großer Erfolg und spielte 8,5 Mio. $ ein, was seinerzeit ziemlich viel war. Bei der anschließenden Oscarverleihung verlieh man Walt Disney einen Spezialoscar, inklusive sieben kleiner Oscars.
Schwere Jahre
Walt Disney war durch den Erfolg von Schneewittchen bestärkt, weitere abendfüllende Zeichentrickfilme zu produzieren. Es folgten die heute als Klassiker angesehenen Filme Pinocchio (1940), Fantasia (1940), Dumbo (1941) und Bambi (1942). Jedoch blieb der Erfolg aus. Bei den Filmen handelte es sich, aus heutiger Sicht überraschend, um finanzielle Flops. Zum Teil konnten sie nicht einmal ihr Budget einspielen. Tatsächlich blieb Schneewittchen für lange Zeit der einzige wirklich Erfolg des Studios.
Mit ein Grund war die Zeit, in der sie veröffentlicht wurden: Der Zweite Weltkrieg. Dadurch fielen einige Märkte wie Europa als Einnahmequelle aus. Nach Bambi entschied man sich, erstmals keine abendfüllenden Zeichentrickfilme mehr zu produzieren. Stattdessen entwickelte man Lernfilme für den Staat oder kürzere Filme mit einem lateinamerikanischen Bezug wie Drei Caballeros im Sambafieber (1943).
1940 wechselte das Studio seinen Standort und zog von Hollywood nach Burbank. Da man von den Banken keine Kredite mehr erhielt, wandelte man das Unternehmen zudem in eine Aktiengesellschaft um. Dennoch hatte das Studio 1945 ganze 4 Mio. $ Schulden. Es war unklar, ob das Studio finanziell überleben konnte.
Goldene Jahre
Doch es kamen auch wieder bessere Jahre. Sogar richtig gute. 1950 erschien Cinderella und wurde zu einem großen Erfolg. In den Jahren darauf folgten heutige Klassiker wie Alice im Wunderland (1951), Peter Pan (1953) oder Susi und Strolch (1955). Und längst konzentrierte man sich nicht nur auf Zeichentrickfilme, sondern veröffentlichte auch Dokumentar- und Abenteuerfilme und auch damit feierte man Erfolge.
“I have a great love of animals and laughter.” –Walt Disney pic.twitter.com/Co4wUQoQLw
— Disney (@Disney) February 18, 2023
Zudem erlangte eine noch recht neue Erfindung immer größere Bedeutung, das Fernsehen. Dieses half dem Unternehmen unter anderem bei der Vermarktung, wie sich vor allem 1955 zeigen sollte. Auf dem Sender ABC lief eine Dokumentation, moderiert von Walt Disney höchstselbst. Dabei ging es um das bisher größte Projekt des Unternehmens: Disneyland.
Bereits 1948 soll Walt Disney über einen "Micky Maus-Park" geredet haben. Die ursprüngliche Idee wurde immer größer und 1954 begann schließlich in Anaheim der Bau des Parks, der am 17. Juli 1955 eröffnet wurde.
Ob im Kino, im Fernsehen, Musik oder Freizeitparks, Disney war jetzt überall. Und der Erfolg setzte sich auch in den 60ern fort. 101 Dalmatiner (1961) avancierte zum Erfolg und mit Mary Poppins erschien 1964 der bislang erfolgreichste Realfilm des Studios.
Der Zeichentrickfilm Die Hexe und der Zauberer erhielt dann eine besondere, leider traurige Bedeutung, denn er war 1963 der letzte Zeichentrickfilm, dessen Veröffentlichung Walt Disney selbst noch miterleben sollte. Der Gründer und Visionär starb am 15. Dezember 1966. Das Dschungelbuch erschien 1967 und war die letzte Produktion, an der Disney noch beteiligt war.
Lest auf der nächsten Seite, wie es für den Konzern ohne den großen Walt Disney weiterging...
Ohne Walt Disney geriet das Unternehmen in die Krise. Das Dschungelbuch sollte fürs Erste der letzte große Erfolg des Studios bleiben. Lest jetzt, wie es weiter ging.
Die Renaissance
Walts Bruder Roy O. Disney übernahm die Führung des Konzerns, jedoch nur für wenige Jahre. Er erlebte noch die Eröffnung von Disney World in Florida, ehe er nur zwei Monate später, im Dezember 1971, ebenfalls verstarb.
Anschließend geriet der Konzern wieder in die Krise. In den 70ern gingen zudem viele der alteingesessenen Trickfilmzeichner in den Ruhestand, darunter Disneys Nine Old Men, die seit der Gründung des Studios dabei waren. Dadurch ging auch der Output an Zeichentrickfilmen zurück. Filme wie Robin Hood (1973) oder Bernard und Bianca - Die Mäusepolizei (1977) waren zwar keine Flops, kamen aber nicht mehr an die Erfolge von einst heran. Der größte Teil des Jahresumsatzes generierte sich nicht länger aus den Kinoproduktionen, sondern vor allem aus dem Merchandise und den Freizeitparks sowie den Fernsehproduktionen.
Die 80er erwiesen sich als schwer. Die Gewinne gingen zurück. Taran und der Zauberkessel erwies sich 1985 als so großer Flop, dass der 1984 als Aufsichtsratsvorsitzende berufene Michael Eisner sogar überlegte, die Animationsabteilung komplett zu schließen.
Zum Glück tat er dies nicht. 1986 wurde sogar Walts Neffe, Roy E. Disney, neuer Leiter der Animationsabteilung. Durch den anschließenden Erfolg von Basil, der große Mäusedetektiv (1986) und Oliver und Co. (1988) ermutigt, entschloss man sich, wieder verstärkt auf Zeichentrickfilme zu setzten. Hinzu kam in den 80ern ein neues Medium auf, welches Disney gewinnbringend zu nutzen wusste: Die Videokassette. Nach anfänglichem Zögern veröffentlichte man als Test 1984 Robin Hood auf VHS. Man hatte Erfolg, der Film war einer der erfolgreichsten Heimvideo-Veröffentlichungen des Jahres. In den Jahren darauf folgten weitere Klassiker. Mit der VHS-Veröfentlichung von Cinderella soll man 1987 sogar 100 Mio. $ gemacht haben. Doch der ganz große Erfolg sollte erst noch kommen.
Die goldenen 90er
Die 90er beginnen in diesem Fall ausnahmsweise schon 1989, in dem Jahr wurde nämlich Arielle, die Meerjungfrau veröffentlicht und läutete endgültig eine neue Zeitrechnung für Disney ein. Der Film, wie auch die Musik, wurden zum weltweit großen Hit. Die Schöne und das Biest (1991) und Aladdin (1992) konnten den Erfolg fortsetzten. Die Schöne und das Biest schaffte es sogar, als bis dahin erster Zeichentrickfilm überhaupt, für den Oscar als bester Film nominiert zu werden.
Der absolute Höhepunkt wurde dann im Jahr 1994 erreicht, als Der König der Löwen veröffentlicht wurde. Mit bis heute über 900 Mio. $ Einspielergebnis gilt er immer noch als erfolgreichster Zeichentrickfilm aller Zeiten.
Da konnte natürlich keiner der folgenden Filme mithalten, dennoch avancierten auch unter anderem Pocahontas (1995), Hercules (1997) oder Mulan (1998) zu tollen Erfolgen und sind bis heute beliebte Klassiker. Und dank Serien wie DuckTales - Neues aus Entenhausen, Chip und Chap - Die Ritter des Rechts oder Disneys Gummibärenbande war Disney seit Ende der 80er auch im Fernsehen nicht mehr wegzudenken.
In den 90ern baute man das Unternehmen auch in anderen Bereichen weiter aus. So wurden weitere Parks eröffnet, mit dem damaligen Euro Disney im Jahr 1992 sogar außerhalb der USA. Und 1995 schaffte man sich gar eine Flotte aus Kreuzfahrtschiffen zu. Dies sollten nicht die einzigen Errungenschaften sein, die sich der Konzern in den kommenden Jahren zulegen sollte.
Das neue Jahrtausend
1995 war ein besonderes Jahr, denn es wurde der erste vollständig am Computer entworfene Film veröffentlicht, Toy Story. Verantwortlich für den Film war Pixar, die 1991 einen Vertrag mit Disney über mehrere Filme eingingen.
Dieser Film gilt als Beginn einer neuen Ära im Bereich der Animationsfilme, läutete zugleich aber auch das Ende einer anderen ein. Der Schatzplanet erschien 2002 und geriet zum großen Flop. Infolgedessen schloss Eisner jetzt doch, wie in den 80ern bereits überlegt, die Animationsabteilung. Roy E. Disney verließ das Unternehmen im Streit.
Es sollten zwar noch einige gezeichnete Filme veröffentlicht werden, doch der Fokus lag jetzt auf computeranimierten Filmen. Bereits 2000 veröffentlichte man Dinosaurier, der Computeranimation mit echten Landschaftsaufnahmen kombinierte. 2005 folgte dann mit Himmel und Huhn der erste komplett computeranimierte Film von Disney. Den ersten ganz großen Erfolg auf dem Gebiet konnte man 2010 mit Rapunzel - Neu verföhnt verbuchen.
2005 musste Michael Eisner seinen Hut nehmen. Sein Nachfolger wurde Bob Iger, und mit ihm kam gefühlt ein neues Geschäftsmodell in den Konzern.
Kaufen, kaufen, kaufen
2004 noch drohte Disney für einen Preis von 66 Mrd. $ durch Comcast aufgekauft zu werden. Am Ende kam es nicht dazu. Disney selbst jedoch sollte in den kommenden Jahren selbst so manche Firma dem eignen Imperium einfügen.
2006 übernahm man Pixar für 7,4 Mrd. $. Dem Deal folgten kurz darauf Filme wie WALL-E - Der Letzte räumt die Erde auf (2008), Oben (2009) oder Toy Story 3 (2010) und viele weitere in den kommenden Jahren.
2009 kam es zu einem der wichtigsten Deals in der Geschichte des Unternehmens: Für aus heutiger Sicht lächerliche 4 Mrd. $ kaufte man Marvel. Diese hatten im Jahr zuvor mit dem erfolgreichen Iron Man (2008) ihr geplantes Marvel Cinematic Universe (MCU) gestartet. Es sollten bis heute über 20 weitere Filme des MCU folgen, mit dem absoluten Höhepunkt Avengers - Endgame im Jahr 2019, der mit einem Einspiel von 2,8 Mrd. $ für kurze Zeit sogar der erfolgreichste Film aller Zeiten war.
2012 folgte dann der nächste große Deal. Für ebenfalls 4 Mrd. $ kaufte man Lucasfilm und damit die so wertvollen Rechte an Star Wars. Eine reine Erfolgsgeschichte wie bei Marvel wurde es hier aber nicht. Schon die Produktion einer neuen Kino-Trilogie lief nicht reibungslos und obwohl kommerziell erfolgreich, konnten die neuen Filme die Fans nicht gänzlich überzeugen. Auch Spin-off-Filme waren geplant, jedoch nahm man hier nach einer finanziellen Enttäuschung durch Solo - A Star Wars Story (2018) Abstand von diesen Plänen. Seit dem Ende der Sequel-Trilogie im Jahr 2019 wartet man vergeblich auf weitere Kinofilme. Es wurden zwar immer wieder welche Angekündigt, doch umgesetzt wurde noch keines der Projekte.
2019 folgte dann die bis heute letzte Übernahme eines Konzerns durch Disney. Für die Stolze Summe von 71,3 Mrd. $ kaufte man 20th Century Fox. Damit gehörten ihnen jetzt viele weitere wertvolle Marken, darunter auch Avatar, dessen zweiter Teil Avatar - The Way of Water (2022) 2,3 Mrd. $ einspielte und damit Platz 3 der erfolgreichsten Filme aller Zeiten belegt. Unter der Führung durch Bob Iger wurde aus Disney das dominierende Unternehmen in der Medienlandschaft.
Die Unbesiegbaren
In den ersten 20 Jahren des neuen Jahrtausends war Disney sehr gut darin, Geld auszugeben, aber auch sehr gut darin, Geld einzunehmen. Disney hatte die Welt erobert. Jedes Kind kannte die Marke und jeder Erwachsene ist mit ihr aufgewachsen. Micky Maus und Donald Duck zählen längst zu den wohl bekanntesten fiktiven Figuren, die es je gab.
Nicht nur, aber vor allem mit den Marvel-Filmen führte im Kino jetzt kein Weg mehr an Disney vorbei. Doch auch im Bereich der Animationsfilme war man dank Erfolgen wie Die Eiskönigin - Völlig unverfroren (2013) oder Vaiana (2016) längst wieder ganz vorne dabei. Und man entdeckte auch ein neues Feld an Filmen, welche man in die Kinos bringen konnte: Realverfilmungen älterer Zeichentrickklassiker. Es kam zwar die Kritik auf, dass man keine neuen Ideen mehr hätte, dennoch spielten auch diese Filme enorm viel Geld ein, einige sogar über einer Milliarde. Disney schien unbesiegbar zu sein.
Im November 2019 ging schließlich Disney+ an den Start, womit man im Konkurrenzkampf der Streamingdienste eingriff. Im Jahr darauf zog sich Bob Iger zurück und übergab das Zepter an Bob Chapek.
Die größte Krise des Unternehmens?
Was folgte war die bis dato große letzte Krise, der sich Disney auch heute noch ausgesetzt sieht. Mit dem Start von Disney+ hatte man sich einiges versprochen, doch erwies sich der Streamingdienst über die Jahre vielmehr als ein finanziell schwarzes Loch. Auch die Inhalte konnten nicht immer überzeugen.
So gut die MCU-Filme im Kino lange Zeit liefen, so wenig konnten die exklusiv für Disney+ produzierten MCU-Serien bislang eine ähnliche Euphorie entfachen. Mit der Zeit nahm die Kritik hier immer mehr zu. Zuletzt zog man noch während der Produktion von Daredevil - Born Again gar die Notbremse, um eine neue Ausrichtung auszuarbeiten. Und auch das Konzept der Serien generell soll überarbeitet werden. Genau umgekehrt lief es dagegen bei Star Wars. Konnte man hier im Kino nicht überzeugen, löste man durch Star Wars - The Mandalorian einen regelrechten Hype aus, dem mehrere weitere Serien folgten. Auch hier war nicht alles Gold, was glänzt. Doch mit Serien wie Star Wars - Andor oder Star Wars - Ahsoka konnte man die Fans zufriedenstellen.
Trotz mancher Erfolge auf Disney+, bröckelte das Ansehen der Marke in den letzten Jahren. Vor allem im Kino ging nicht mehr viel. Das MCU wirkte nach Avengers - Endgame orientierungslos und waren die Filme lange Zeit Garanten für hohe Einnahmen, teils bis über die Milliarde, ist man davon zuletzt ein gutes Stück entfernt. Ant-Man and the Wasp - Quantumania schaffte es im Frühjahr 2023 als Beispiel, keine 500 Mio. $ einzuspielen. Bei Animationsfilmen wie Lightyear oder Strange World, beide 2022 veröffentlicht, muss man gar von finanziellen Flops sprechen.
Und auch das Geschäft mit den Realverfilmungen erwies sich zuletzt als problematisch. 2022 veröffentlichte man exklusiv für Disney+ Pinocchio, jedoch fiel der Film bei Kritikern wie Zuschauern komplett durch. Auch Peter Pan & Wendy im Jahr darauf konnte nicht überzeugen. Fürs Kino als großer Eventfilm angelegt erschien 2023 zudem Arielle, die Meerjungfrau, der die Erwartungen ebenfalls nicht erfüllen konnte. Freute man sich bei Die Schöne und das Biest (2017) noch über Einnahmen von 1,2 Mrd. $ und schaffte es auch Aladdin (2019) knapp über eine Milliarde einzuspielen, waren es bei Arielle nur 569 Mio. $. Zu wenig, für heutige Verhältnisse und erst recht bei Produktionskosten von knapp 300 Mio. $. Hinzu kamen im Fall von Arielle viele Kontroversen um die Umsetzung der Figur.
Disney musste sich zuletzt viel Kritik anhören, dass man bei den Produktionen zu sehr auf Diversität setzten würde und das diese wokeness negative Auswirkungen auf die Qualität hat. Zuletzt sah man sich deswegen auch Kritik hinsichtlich der kommenden Realverfilmung Snow White and the Seven Dwarfs ausgesetzt, da hier unter anderem die mit kolumbianischen Wurzeln versehene Rachel Zegler die Hauptrolle der Schneewittchen erhalten hat.
Zu all dem kam dann auch noch die durch das Coronavirus ausgelöste weltweite Pandemie ab dem Frühjahr 2020 hinzu. Sie setzte dem Disney-Konzern an allen Fronten mächtig zu. Die Freizeitparks mussten schließen und da auch die Kinos geschlossen hatten, entschied man sich hier für das seitdem oft kritisierte Vorgehen, einst geplante Kinofilme direkt auf Disney+ zu veröffentlichen. Im Fall des MCU-Films Black Widow (2021) führte dies sogar zur Klage durch Hauptdarstellerin Scarlett Johansson. Der Konzern erlitt in diesen Jahren hohe finazielle Verluste.
Es gab noch viele weitere Baustellen. Da wäre zum Beispiel der politische Streit des Unternehmens mit dem Gouverneur von Florida oder das Star Wars-Hotel Galactic Starcuiser, welches erst im März 2022 eröffnet wurde, sich mit seinen hohen Kosten und einem fragwürdigen Konzept jedoch als finanzielles Desaster erwies und bereits Ende 2023 wieder geschlossen werden soll.
Stieg der Börsenwert des Unternehmens über die Jahre auf 328 Mrd. $ im Jahr 2020, sank der Wert seitdem und halbierte sich nahezu. Aktuell, im Oktober 2023, kurz vor dem Jubiläum, beträgt er "nur" noch 154 Mrd. $.
All diese Probleme führten dazu, dass 2022 Bob Iger doch wieder zum Unternehmen zurückkam und Chapek als Vorsitzenden wieder ablöste. Seitdem ist Iger bemüht, das große Schiff wieder auf Kurs zu bringen. Doch sorgte er selbst im Sommer 2023 mit kontroversen Aussagen hinsichtlich des Streiks der Autoren und Schauspieler in Hollywood vielmehr für einen weiteren Imageverlust des Konzerns.
100 Jahre Disney
Die letzten Jahre waren nicht die besten des Konzerns, teils auch durch äußerliche Einflüsse. Es wäre jedoch falsch, 100 Jahre an Geschichte einzig daran zu messen, was die letzten Jahre passiert ist. Disney mag sich aktuell nicht in der besten Verfassung befinden, dennoch hat man es verdient, dieses große Jubiläum von 100 Jahren zu feiern und staunend zurückzublicken, bedenkt man, wie klein einst alles angefangen hat und was über die Jahre daraus entstanden ist.
Das Unternehmen, welches einst für den ersten abendfüllenden Zeichentrickfilm verantwortlich war, hat sich zu einem globalen Medien-Imperium entwickelt. Vielleicht ist Disney mittlerweile zu groß geworden und spielt auf zu vielen Hochzeiten, als dass man dies alles noch auf eine Weise kontrollieren könnte, sodass auch die Qualität nicht darunter leidet. Schaut man sich aber die Geschichte an, so gab es immer Krisen, die man am Ende bewältigen konnte und zumeist folgte darauf eine Zeit großer Erfolge. Wir werden abwarten müssen, wie Disney in sein zweites Jahrhundert startet.
Zum Jubiläum gibt es am 16. Oktober auf Disney+ erst einmal einen Rückblick auf 100 Jahre voller unvergesslicher Figuren. Im Zuge dessen wird der Kurzfilm Once Upon a Studio veröffentlicht, der all diese Figuren aufeinandertreffen läst:
"Once Upon a Studio" Trailer 1 (dt.)
Auch wenn so manche Kritik angebracht ist, so sind wir alle am Ende doch dankbar dafür, ob jung oder alt, Disney als Teil unseres Lebens haben zu dürfen. Wohl nicht wenige Erwachsene verbinden ihre Kindheit mit den Zeichentrickfilmen oder -Serien, der Musik, den Spielzeugen oder Besuchen in den Freizeitparks von Disney. Und aller Wahrscheinlichkeit nach wird dies auch den Kindern von heute einmal so gehen.
Vergessen wir am Ende doch einfach mal die ganze Politik und Kritik und all das erwachsene Zeugs und konzentrieren uns schlicht auf das Kind in uns. Denn nicht nur Disney hat es verdient, dieses Jubiläum zu feiern, sondern auch wir. Gerade nach den letzten Jahren, die uns allen viel abverlangt haben und auch bei alldem, was aktuell in der Welt passiert, hat es jeder von uns verdient, ganz gleich welches Alter, hin und wieder Kind sein zu dürfen. Hin und wieder alle Sorgen zu vergessen und einzutauschen in diese wohltuende Welt.
So sollten wir vielleicht vor allem für diese eine Botschaft dankbar sein, die Walt Disney uns allen schenkte: Träume können wahr werden.
Mickey brings the cheer year after year. ? Join him in celebrating Disney’s 100th anniversary! #Disney100 pic.twitter.com/r8doOOA3fT
— Disney (@Disney) February 13, 2023